Liederkranz Mittelstadt
Schon im Jahre 1875 gab es in Mittelstadt einen Gesangverein, in dem sich ehemalige Soldaten zu wöchentlichen Singstunden unter Leitung des damaligen Schulmeisters Lang im Schulhaus zusammenfanden. Über Anfang und Ende dieses »Militärgesangvereins«, wie er sich nannte, ist leider nichts bekannt; nur einzelne Hinweise in alten Gemeinderatsprotokollen zeugen von seiner einstigen Existenz. Um die Jahrhundertwende gab es diesen Verein wahrscheinlich nicht mehr, denn dann hätten jene 20 Mittelstädter, die am 7. Oktober 190o den Männergesangverein »Liederkranz« gründeten, hierzu wohl keine Veranlassung gehabt.
Die Anregung zur Bildung dieser Chorgemeinschaft ging von einem Lehrer Linck aus, der auch ihr erster Dirigent war. Er hat wahrscheinlich auch die Statuten ausgearbeitet, die den Mitgliedern des neu gegründeten Vereins am 12. November desselben Jahres vorgelesen und zur Unterschrift vorgelegt wurden.
Aus diesen Statuten geht hervor, dass der »Liederkranz« Mittelstadt anfänglich durchaus in die Fußstapfen seines Vorgängers trat.
Im Paragraph 1 hieß es da z. B.: »Zweck des Vereins ist es, durch Pflege des Gesangs Vaterlandsliebe und Geselligkeit zu fördern«, ein Anliegen, das sich natürlich auch der Militärgesangverein als vaterländische Vereinigung zu eigen gemacht hatte.
In den übrigen dieser Statuten finden wir ebenfalls die uns etwas fremd gewordene Mentalität jener Zeit, wenn wir lesen: »Unentschuldigtes Wegbleiben von der Singstunde kostet 20 Pfennig Strafe; Entschuldigung muss spätestens in der nächsten Singstunde vorgebracht werden; über Triftigkeit der Entschuldigung entscheidet der Vorstand.« Oder: »Wer mit. brennender Zigarre oder Pfeife das Singlokal betritt, zahlt. 5 Pfennig Strafe... Religiöse und politische Erörterungen sind im Verein verboten...«
Der Eintritt in den »Liederkranz« kostete eine Reichsmark; der Austritt war für damalige Zeiten ein kostspieligeres Vergnügen, man konnte ihn nur durch Zahlung von zwei Reichsmark erkaufen. Die Mitglieder zahlten einen monatlichen Beitrag von 20 Pfennig.
Der Verein fand mehr und mehr Anklang im Dorf, die Mitgliederzahlen wuchsen. Am 9. Juni 1903 bekam der »Liederkranz« schließlich auch seine Fahne. Ihre Weihe wurde am selben Tag in Anwesenheit von zwanzig anderen Gesangvereinen vorgenommen.
In jedem Jahr hielt man ein Frühjahrskonzert oder ein Maisingen ab; Weihnachtsfeier und Ausflug wurden auch nicht vergessen.
Wenige Wochen vor Beginn des ersten Weltkrieges befand sich der Verein noch auf großer Fahrt in der Schweiz, nichts ahnend, dass bald ein großes Völkermorden anheben werde, welches auch große Lücken in die Reihen der Mittelstädter Sänger reißen sollte. Aus diesem Krieg kehrten 13 Sänger nicht mehr zurück. Erst 1919 konnte ein geordnetes Chorsingen wieder aufgenommen werden. Die Mitgliederzahl war auf einunddreißig gesunken, nachdem der Chor 1914 achtundfünfzig Sänger gehabt hatte.
Am 7. Juni 1925 fand das fünfundzwanzigjährige Jubiläum im Garten der Wirtschaft »Germania« statt. Die Chronik berichtet, dass die »Festdamen zum Symbol des fünfundzwanzigjährigen Bestehens ein silbernes Band in den Haaren trugen«. 1926 trat der Verein dem Neckar-Neuffen-Sängergau bei.
Seine Blütezeit erlebte der »Liederkranz« in den Jahren 1927 bis 1933 unter seinem tüchtigen Dirigenten Hauptlehrer Keuerleber. Ihm verdankt er die großen Erfolge dieser Jahre.
Der zweite Weltkrieg brachte die Chorarbeit erneut zum Erliegen, denn die Sänger wurden nach und nach zum Wehrdienst einberufen. Wieder kehrten dreizehn Mitglieder des »Liederkranzes« aus dem Krieg nicht mehr zurück.
Nach dem Umsturz wurden sämtliche Vereine von der Militärregierung verboten. Es ist den Bemühungen Otto Kuhns zu verdanken, daß es am 2. November 1947 wieder möglich war, den »Liederkranz« neu ins Leben zu rufen.
195o konnte dann in Anwesenheit von 26 Vereinen das fünfzigjährige Jubiläum gefeiert werden.
Der »Liederkranz« hat heute 55 aktive und 65 passive Mitglieder, darunter sind 44 Ehrenmitglieder.
Zur Zeit ist Karl Knecht Ehrenvorstand, Heinrich Keuerleber und Otto Wurster sind Ehrenchorleiter.
Vorstände:
1900 – 1901 Gottlob Lutz
1901 – 1910 Ludwig Knecht
1910 – 1912 Gottlob Kuhn
1912 - 1930 Gottlob Wurster
1930 – 1947 Karl Knecht
1947 – 1958 Otto Kuhn
1958 Willi Karl
Dirigenten:
1900 – 1904 Lehrer Link
1904 – 1905 Lehrer Ölschläger
1905 – 1906 Hauptlehrer Fischer
1907 ohne Dirigent
1908 – 1913 Hauptlehrer Fischer
1913 Lehrer Ziegler
1919 – 1921 Hauptlehrer Koch
1921 – 1924 Lehrer Bäuerle und Oberlehrer Bader
1924 Otto Wurster
1924 – 1925 Hauptlehrer Kaufmann
1925 – 1927 Hauptlehrer Sauter
1927 – 1933 Hauptlehrer Keuerleber
1933-1936 Otto Wurster
1936 (3 Mon.) Hauptlehrer Wolfer
1936-1964 Otto Wurster
1964 Konrektor Kurt Müller