In wenigen Sätzen
Seit dem Herbst 1962 hat die Volkshochschule in Reutlingen, Außenstelle in Mittelstadt, ihre Tätigkeit in unserem Orte wieder aufgenommen. Im Herbst und im Wintertrimester werden jeweils 3 bis 4 Vorträge von auswärtigen Referenten gehalten. Außerdem laufen Bastel- und Kochkurse. Die derzeitigen Leiter der Mittelstädter Volkshochschule-Außenstelle sind Konrektor Müller und Hauptlehrer Brants.
Am 24. April 1953 wurde unsere Gemarkung von außergewöhnlich großen Maikäferschwärmen heimgesucht. Man wusste sich der Plage kaum zu wehren, so dass auf Anregung von Bürgermeister Steinmaier ein Hubschrauber zur Bekämpfung eingesetzt wurde. Auf allen Markungsteilen wurden Beobachtungs- und Meldeposten aufgestellt, die den Anflug und Einfall der »Maikäfergeschwader« sofort zu melden hatten. Neben dem Mittelstädter Sportplatz wurde die Bodenstation des Spezialhubschraubers eingerichtet, der mit einem Giftstofftank und einer Spritzvorrichtung ausgerüstet war. Gespritzt wurde mit bienenungefährlichen Fraßgiften. Seither sind keine Maikäfer- und Engerlings-Schäden mehr aufgetreten.
Starke Regenfälle brachten am 26./27./28. Juni 1953 für das Neckartal verheerende Folgen. Der Neckar, der vorher schon randvoll war, verließ sein Bett und überschwemmte weite Flächen der nur zum Teil abgeernteten Wiesen. Das schmutzigbraune Wasser führte das ausgebreitete Heu mit, riss an manchen Stellen die Heinzen fort und trug den Boden der vereinzelt im Tal angelegten Kartoffeläcker weg, Das ganze Tal war schließlich in einen zusammenhängenden großen See verwandelt. Wer von Mittelstadt nach Pliezhausen wollte, musste ein Fußbad im Neckarwasser in Kauf nehmen.
Am Sonntagnachmittag des 11. August 1957 ging in unserer Gegend der schwerste Hagelschlag seit Menschengedenken nieder. Eiskörner, so dick wie Hühnereier, hagelten vom Himmel, erschlugen Tauben und Hühner, zertrümmerten Gewächshäuser und ließen Wanderer zum Teil mit blutigen Köpfen heimkehren. In Mittelstadt waren besonders starke Obstbaumschäden zu verzeichnen.
Am Samstag, dem 11. Oktober 196o, rollte kurz nach 12 Uhr mittags dumpfer Explosionsdonner durch Mittelstadt. Ein etwa 90 t schwerer Felsbrocken, der Ende Februar 196o in das Bett des Wieslenbaches gestürzt war; erbebte und zerbarst unter dem Sprengdruck von 2 Kilogramm Amongelit. Die Sprengung wurde vom Technischen Hilfswerk Tübingen durchgeführt.
Am Samstag, dem 13. Dezember 1952, wurde in Anwesenheit des ganzen Dorfes und Vertretern der Behörden die Mittelstädter Turnhalle eingeweiht.
Schon 1866 verhandelte man im Mittelstädter Gemeinderat wegen der Anlage eines neuen Friedhofes. Man beschloss jedoch damals, den fraglichen Platz nicht zu kaufen und alles beim alten zu belassen, da der alte Friedhof bei der Kirche noch 15 Jahre ausreiche. Der neue Friedhof in den Kapfäckern wurde dann aber doch erst im Jahre 1905 eingerichtet. 1965 soll dieser um ein beträchtliches Stück erweitert werden, da er in Kürze zu klein geworden sein wird. Das Gefallenenehrenmal an der Leichenhalle wurde am Totensonntag des Jahres 1959 eingeweiht.
1924 fuhren in Mittelstadt die ersten Kraftwagen. Ihre stolzen Besitzer waren der Steinbruchbesitzer Gustav Stückle, Ingenieur Friedrich Röhm und der Kaufmann Fauser. Stückle fuhr einen Kleinlastwagen, Röhm einen grünen Opel, der im Volksmund »Laubfrosch« genannt wurde und Fauser einen unverwüstlichen tschechischen »Tatra«.
Am Dienstagabend des 14. Juli 1964 verloren 3 Mittelstädter beim Versuch, den Brunnenschacht hinterm Clubhaus des FC Mittelstadt zu reinigen, ihr junges Leben. Gerhard Sieheck, der als erster in den Schacht hinunterstieg, wurde nach wenigen Metern bewusstlos, stürzte ins Wasser und ertrank. Seinen Vereinskameraden Günther Krämer, der ihm nachsteigen und helfen wollte, ereilte das gleiche Geschick. Der durch den inzwischen ausgelösten Sirenenalarm herbeigeeilte Rudi Schlotterbeck sah es ohne lange Überlegung als seine Pflicht an, den beiden Verunglückten sofort zu helfen. Er versuchte hinunterzusteigen, wurde ebenfalls sofort bewusstlos und fiel zu den beiden anderen Verunglückten in den Schacht. Den zum Glück angeseilten Feuerwehrmann Otto Knecht aus Mittelstadt mussten seine Kameraden nach kurzem Verweilen im Schacht gleichfalls bewusstlos ans Tageslicht ziehen. Mit lebensgefährlichen Vergiftungserscheinungen wurde er sofort ins Kreiskrankenhaus Reutlingen eingeliefert. Unter schwierigsten Bedingungen konnten schließlich auch Rudi Schlotterbeck, Günter Krämer und Gerhard Siebeck von der Feuerwehr aus dem Schacht geborgen werden.
Vier Ärzten gelang es jedoch trotz sofort eingeleiteten Wiederbelebungsversuchen nicht, das Leben dieser jungen Männer zu retten. Für sie kam jede Hilfe zu spät. Eine spätere wissenschaftliche Analyse ergab, dass der Brunnenschacht sich aus unerklärlichen Gründen mit Sumpfgas und Kohlendioxyd gefüllt hatte. Es hatte dieses unvorhergesehene schreckliche Unglück verursacht.
Vor 100 Jahren floss der Wieslesbach noch als Bach mitten durch den Ort, ungeachtet der Straßen, die ihm im Wege lagen. Nur beim Rathaus führte ein Steg hinüber zur Ledergasse. In der Heerstraße mussten die Wagen durch den Bach fahren; eine Brücke führte dort erst von 1875 an hinüber. Im Jahre 1866 wurde der Bach vom Rathaus bis zum »Strudel-Schreiner« hinunter mit einem Gewölbe versehen, so dass von nun an der ehemalige Bachverlauf als Straße benutzt werden konnte.19-3, - 4 /4 1 4, also 100 Jahre später, war dieses Gewölbe dem schweren Verkehr nicht mehr gewachsen, und es wurden vom Neckar an in 2-3 m Tiefe Schleuderbetonröhren verlegt. Damit war das Ende des »Strudels« im Gieß unterhalb des Hauses Müllerschön gekommen. 1964 ließ die Gemeinde schließlich auch noch den Wieslesbach von der Ledergasse bis zur Wieslenstraße verdolen. Sie kam damit einem berechtigten Wunsch der Anlieger entgegen, die seit Jahren über Rattenplage klagten.
Gasthäuser
»Thomas Ißelein und Hans Stollens selgen Witwe haben ein gemein Haus am Gieß .. .« so heißt es im Fledcenlagerbuch von 1570. Dies ist die erste urkundliche Erwähnung eines Gasthauses in Mittelstadt. 1833 werden vier Schildwirtschaften genannt. 1909 besitzt der Ort je 5 Gast- und 5 Schankwirtschaften. 1965 gibt es im Ort noch folgende Gasthäuser:
Adler (Lodenbergstraße 3)
Germania (Heerstraße 16)
Krone (Kirchstraße 10)
Lamm (Reutlinger Straße 3) Linde (Kirchstraße 19)
Schwane (Neckarstraße z) und
Stern (Hauptstraße 24);
das Gasthaus zum Hirsch wurde 1959 geschlossen.
Flausgaß
Die Floßgasse im Neckarwehr erinnert uns noch daran, dass einst Holzflöße neckarabwärts fuhren. In Oberndorf wurden die Flöße zusammengestellt; zumeist waren es Fichten und Eichenstämme, die bis Mannheim geflößt wurden. 6-8 Flößer unter Leitung eines Oberflößers waren die jeweilige Besatzung eines solchen Floßes. War der Wasserstand sehr niedrig, musste die Mühle abgestellt werden, damit die Flößer genug Wasser zum Durchfahren der Floßgasse hatten. Ihre Besitzer bezahlten dafür dem Müller 1 Mark. Oft genug durften die Mittelstädter Buben bis Neckartenzlingen mitfahren — ein Erlebnis besonderer Art. Erreichte ein Floß erst gegen Abend Mittelstadt, so machte die Besatzung es an der Floßanbindestelle im Neckargäßle oder am gegenüberliegenden Auchtertufer fest. In der Regel übernachteten die Flößer im Stern, das hier als Stammlokal dieser etwas rauhbeinigen Zunft galt.