50 Jahre Stadtbezirke - Mittelstadt
In Silber (Weiß) ein nach links gekehrter roter Gansfuß. Flagge: Rot-Weiß (Rot Silber)
Ortsname ist erstmalig 1245 genannt. Ab dem 14. Jahrhundert übte Württemberg die Ortsherrscheft Mittelstadt gehörte zum Oberamt Urach und bildete mit anderen Gemeinden Zusammen das Unteramt Metzingen. 1938 kam die Gemeinde vom aufgelösten Oberamt Urach zum Kreis Reutlingen und wurde 1975 nach Reutlingen eingemeindet.
Landschaft um Mittelstadt
Mittelstadt liegt im äußersten Nord-Osten des Stadtgebietes. Mit seiner Markungsgrenze zu Neckartenzlingen und Bempflingen grenzt es an den Kreis Esslingen. So ist die Stadt Reutlingen an die äußerste Kreisgrenze gerückt und damit auch an die Regierungsbezirksgrenze. Zudem liegt hier mit 298 m Höhe der tiefste geografische Punkt der Stadt. Der höchste Punkt der Mittelstädter Markung liegt bei 385 m. Von der Markungsgrenze beim Hardtwald schweift der Blick bis zur südwestlichen Grenze der Stadt mit dem Roßberg. Über landwirtschaftliche Flächen und das Industriegebiet hinweg geht der Blick zum Reutlinger Hausberg Achalm.
In dieser Höhe tut sich auch Mörikes „Blaue Mauer" auf. Die Kette der Schwäbischen Alb vom Hohen Staufen bis zum Hohenzollern ist zu sehen. Schaut man von diesem Punkt in Richtung Westen, geht der Blick ins Neckartal bis über Tübingen hinaus. Am Neckar entlang verläuft die nördliche Gemarkungsgrenze zu Pliezhausen. Im Süden trifft die Mittelstädter Markung auf die von Riederich. Der Wieslenbach hat seine Quelle nahe der Grenze zu Riederich. Er fließt durch den Ort hinunter zum Neckar. Entlang des Bachtals hat sich der Ort entwickelt. Hier verläuft auch die Ortsdurchfahrt von der B 297 im Neckartal in Richtung Metzingen.
Einen weiteren Geländeeinschnitt zum Fluss hin hat der Buchbach geschaffen. An seinen Hängen hat sich ein Wochenend- und Kleingartengebiet entwickelt, das auch von Auswärtigen gerne genutzt wird. Am Buchbach steht ein altes Feldhäuschen aus Mittelstädter Sandstein, das aufwendig restauriert werden konnte. Bei der Mündung des Baches in den Neckar hat der Vogelschutzbund einen See angelegt, der als Brutstätte für viele Vögel dient. Der Steilabhang zum Neckar in Richtung Oferdingen ist Naturschutzgebiet. Es wird vom Nabu betreut. Ein alter Steinbruch in diesem Gebiet ist Naturdenkmal.
Der Schwäbische Albverein hat vor einigen Jahren den Neckartalwanderweg entlang der Mittelstädter Markung gekennzeichnet. Ein weiterer Wanderweg führt vom Neckartal hinauf auf die Höhe in Richtung Metzingen. Diese Route hat beim Hofgut Hammetweil im Norden Anschluss an den Main-Neckar-Rhein Weitwanderweg. Mit dem Bau der Radwegbrücke im Jahr 2003 bekam Mittelstadt Anschluss an den vielbefahrenen Neckartalradweg, der von der Quelle bis zur Mündung in den Rhein führt. Gerne wird entlang dieser Strecke der Neckar auch zum Baden benutzt Im Sommer des Pandemiejahrs 2020 strömten unzählige Badegäste, Bootsfahrer und Stand-Up-Paddler aus der weiteren Umgebung an das Neckarwehr beim Sportplatz. Hier war der Neckar plötzlich Baggersee- und Freibadersatz geworden. Am sogenannten Kiesrucken unterhalb des Wehrs kann man sorglos auch mit kleinen Kindern ins Wasser.
Nicht vorzustellen ist, wie sich die Landschaft verändert hätte, wenn in der Vergangenheit der Plan der Landesregierung ausgeführt worden wäre, im Tal des Buchbachs ein Kernkraftwerk zu erstellen.
Eine Alternative zu den Energieträgern Kohle und Öl war vor fünf Jahrzehnten der Bau von Kernkraftwerken. Die Landesregierung unter Hans Filbinger hatte als einen von 19 Standorten in Baden-Württemberg auch Mittelstadt im Blick. Der Meiler mit einer Leistung von 300 Megawatt sollte am Oberlauf des Buchbaches zwischen Riederich, Reicheneck und Mittelstadt gebaut werden, das Wasser des Neckars sollte zur Kühlung geholt werden. Um den Fluss ausreichend mit Wasser zu versorgen, war sogar der Bau eines Bodensee-Neckar-Stollens angedacht. Erster Protest gegen die AKW-Pläne kam nicht aus dem Flecken selbst, sondern aus Tübingen und anderen Gemeinden der Umgebung. In Verbindungen mit diesen Protesten hat dann aus dem Ort heraus das Ehepaar Hüfler viele Aktivitäten gegen das Werk organisiert. Es gab Demonstrationen, Platzfeste und Unterschriftenaktionen. Im Oktober 1977 protestierten knapp eintausend Menschen am geplanten Standort gegen den Bau.
Große Unterstützung bei diesem Protest gab es von Seiten der Stadt nicht. Es war zu vermuten, dass diese eher den wirtschaftlichen Nutzen im Blick hatte. Glücklicherweise wurde im Jahr 1987 die gesamte Liste der 19 Standorte von der Landesregierung fallengelassen und das Werk nicht gebaut. Der geplante Standort war jedoch zeitweise ein entscheidendes Hemmnis für die weitere Entwicklung des Ortes. Eine vorgesehene etwa 4,5 ha große Wohnbaufläche im Bereich Rebstock wurde nicht mehr genehmigt, da wegen des Bauplans die seitherige Bevölkerungsdichte nicht mehr überschritten werden durfte. Außerdem durfte das Industriegebiet nicht erweitert werden.
Geschichte des Ortes
Verschiedene Funde auf der Mittelstädter Markung weisen auf eine frohe Besiedlung hin. So wurden Werkzeuge und Waffen der Steinzeit gefunden. Am Neckar entdeckte man ein Steinbeil aus der Jungsteinzeit. Eine Reihe Hügelgräbern der Hallstattzeit lasst auf eine Besiedlung in dieser Epoche schließen. Bei der Ausgrabung eines römischen Gutshofes im Gebiet Lachenhau wurden auch einige Gefäßscherben sowie ein Stubensandsteinrelief der Göttin Epona der Keltenzeit gefunden. Auf weitere Römerhöfe deuten einige Flurnamen so z. B. Auf den Mauern. Dort Geräte und Keramikscherben gefunden. Mittelstadt liegt an der damals durchs Neckartal führenden römischen Militärstraße, die die Stützpunkte Grinario (Köngen) und Sumelocenna (Rottenburg) miteinander verband.
Erstmals wird der Ort in einer Urkunde von 1245 als Muthilstat genannt. Es gab in den Anfängen drei große Höfe, denen die sogenannten Braiken zugehörten. Durch Teilung der Höfe entstand nach und nach der Ort. Großen Besitz hatten in Mittelstadt die Grafen von Berg, die Grafen von Schelklingen, die Herren von Riet und die Herrschaft Hohenberg. Im 13. - 15. Jahrhundert verkauften oder verschenkten diese Herren ihre Güter größtenteils an das Kloster Pfullingen, das lange Zeit das Patronat über die Kirche besaß. Ein Zeuge dieser Zeit ist der Zehnthof mit seinen Ställen und Scheunen. Zudem erinnert der Flurname „Nonnenwasen" an die Klosterfrauen. Die Güter in Mittelstadt wurden gegen einen jährlichen Zins an Mittelstädter Bauern verliehen.
Nach der Reformation in Württemberg wurde in Mittelstadt der Besitz des Klosters von Herzog Ulrich eingezogen. Die Güter wurden vom Klosteramt in Pfullingen verwaltet, das jedoch dem Herzog unterstand. Andere ortsfremde Grundbesitzer waren die Armenpflege Reutlingen, die geistliche Verwaltung Nürtingen und die Stiftsverwaltung der Universität Tübingen. Die Güter wurden von den Bauern gegen jährlichen Geld- oder Naturalzins bewirtschaftet- Es waren meist Erblehen. Noch heute sind diese alten Höfe in einigen besonders stattlichen Bauernhäusern des Dorfes zu erkennen. Erst im Jahr 1852 konnten nach dem königlich-württembergischen Ablösungsgesetz von 1849 die letzten Lehnshöfe abgelöst werden. Damit ging auch die Zeit der Leibeigenschaft und der Frondienste zu Ende. Der Ort konnte sich zur heutigen Gemeinde entwickeln. Sie gehörte im Laufe der Geschichte zunächst zum Oberamt Urach. Als dieses 1938 aufgelöst wurde. kam Mittelstadt als selbständige Gemeinde zum Kreis Reutlingen.
Der lange Weg zur Eingemeindung
Das „Gesetz zur Stärkung der Verwaltungskraft der Gemeinden" vom 28. Juli 1967 hatte zur Folge, dass auch die selbständige Gemeinde Mittelstadt auf Partnersuche gehen musste. Diesen geeigneten Partner zu finden war nicht so einfach. 1969 hatte das Innenministerium an eine Verwaltungseinheit Reicheneck, Mittelstadt, Riederich gedacht, was jedoch durch weitere Änderungen später nicht mehr möglich war. Der große Wunsch des damaligen Gemeinderats mit Bürgermeister Drissner an der Spitze war der Verbleib der Gemeinde in der Selbstständigkeit. Vom Innenministerium gab es in dieser Orientierungsphase immer wieder andere Vorgaben. Als Pliezhausen und das Tübinger Unteramt nach einer Reform dem Kreis Reutlingen zugewiesen wurden, war die Möglichkeit gegeben, mit Pliezhausen einen Gemeindeverwaltungsverband einzugehen. Diesbezüglich wurden Verhandlungen aufgenommen. Im Einvernehmen mit dem Innenministerium wurde mit dem Ziel einer Verwaltungsgemeinschaft gleichzeitig mit Reutlingen verhandelt. Die letzte Möglichkeit wurde vom Mittelstädter Gemeinderat eindeutig bevorzugt.
Nach langen Verhandlungen wurden die Bürger am 8. April 1973 zur Abstimmung über die Zukunft der Gemeinde gebeten. In einer Bürgerversammlung und in mehreren Frühschoppengesprächen gab es Entscheidungshilfen. Bei einer Wahlbeteiligung von 66% entschieden sich 65 % für eine Verwaltungsgemeinschaft mit Reutlingen, 35% hätten eine Verwaltungsgemeinschaft mit Pliezhausen bevorzugt.
Doch Bürgermeister und Gemeinderat wollten die Selbstständigkeit keinesfalls aufgeben. Man suchte trotz des Votums der Bürger nach weiteren Lösungen. Es wurde in einige Richtungen weiterverhandelt. Eine Möglichkeit sah man in einem vom Ministerium angedachten künftigen Nachbarschaftsverband, dem im Bereich Reutlingen die Gemeinden Pfullingen, Eningen und Wannweil angehören sollten.
Auf einer Podiumsdiskussion am 16.3.73 warben Pliezhausen und Reutlingen um Anschluss der Gemeinde an ihre Verwaltungsräume. Immer noch wehrten sich Bürgermeister und Gemeinderat dagegen. Man wollte zum Nachbarschaftsverband. Bürgermeister Guhl versprach, diese Bemühungen zu unterstützen. Wenn dies nicht möglich sein sollte, stünden Mittelstadt alle Türen zu einer Eingemeindung nach Reutlingen offen auf der gleichen fairen Basis wie bei den anderen Teilorten. Pliezhausens Bürgermeister machte das Angebot, dass Mittelstadts Selbständigkeit nahezu ganz erhalten bleiben würde. In der anschließenden Diskussion war zu erkennen, dass die Mehrzahl der Bürger zum Anschluss nach Reutlingen tendierten. Eine zwanzigseitige Informationsschrift wurde von der Verwaltung an die Bürger verteilt. Es bildete sich eine Bürgerinitiative „Mittelstadt mit Reutlingen", die zur Abstimmung für Reutlingen aufrief. Von ihr wurden die Vorteile der Eingemeindung zur Stadt verdeutlicht. Am 15. Juli 1973 gab es eine zweite Abstimmung. 64 % der Wahlberechtigten beteiligten sich, von denen 70% für Reutlingen stimmten, 30% für Pliezhausen. Nach diesem eindeutigen Votum blieb dem Bürgermeister mit den Gemeinderäten nur noch die Alternative, weiter mit Reutlingen über eine Eingemeindung zu verhandeln. Der mit der Stadt ausgehandelte Vertrag wurde am 12. Juni unterschrieben. Am 27. Juni stimmte der Gemeinderat diesem zu. Zuvor war aus formellen Gründen eine dritte Befragung der Bürger nötig gewesen. Daran beteiligten sich noch 37 Sie wurden hierbei befragt, ob sie der Eingemeindung zu Reutlingen zustimmen oder nicht. 77% gaben ihre Zustimmung, die damit ganz eindeutig war.
Vertrag über den Zusammenschluss der Gemeinde Mittelstadt mit der Stadt Reutlingen — Zusatzvertrag
Der Eingemeindungsvertrag wurde entsprechend den Eckpunkten der mit den anderen Nordraumgemeinden abgeschlossenen Verträgen ausgehandelt. In §§ 24 und 26 wurde festgelegt, dass zur Regelung spezieller örtlicher Angelegenheiten ein Zusatzvertrag abgeschlossen wird, in den insbesondere Bestimmungen über die künftigen Investitionen im Stadtteil Mittelstadt aufzunehmen sind
Dieser hat zum Inhalt:
Weiterführung des im Bau befindlichen Projekts der Kläranlage „Merzenbachtal"
Alsbaldiger Ausbau der Metzinger Straße nach Bereitstellung von Mitteln des Gemeindewerkehrsfinanzierungsgesetzes. Eingeschlossen wird die notwendige Verbesserung des Entsorgungs- und Versorgungssystems.
Fortführung der Teilumgehungsstraße von der L 374 über das Baugebiet Bergsteig / Hochbuch bis zur K 6715 in Richtung Reicheneck.
Sicherung einer ausreichenden und vollwertigen Wasserversorgung einschließlich der Zurverfügungstellung von Bodenseewasser.
Die Weiterführung der begonnenen Ortskernsanierung.
Beseitigung des bisherigen Rathauses und Schaffung neuer Verwaltungsräume.
Alsbaldige Anlegung eines neuen Rasensportplatzes, einer 100-Meter-Bahn einschließlich Nebeneinrichtungen und eines Kleinspielfeldes.
Baldige Erschließung des Baugebietes Bergsteig / Hochbuch und Entwicklung weiterer Wohnbereiche.
Ansiedlung weiterer Gewerbebetriebe im Gewerbegebiet Lachenhau mit Ausbau der Erschließungsanlagen.
Sicherung einer ausreichenden und vollwertigen Stromversorgung.
Verbesserung und Ausbau von Ortsstraßen, Feld- und Waldwegen.
Weiterführung der bestehenden Erddeponie.
Ausbau des Kindergartenwesens.
Fertigstellung des (Gießbrunnens einschließlich einer Grünanlage.
Die Grundschule soll erhalten bleiben, der bestehende Austausch der Hauptschüler mit Riederich zunächst bestehen bleiben.
Die Hauptschule soll, wenn notwendig, in der geplanten Nordraumschule untergebracht werden.
Die örtliche Verwaltung behält bisherige Zuständigkeiten, die im Interesse einer zweckmäßigen und bürgernahen Verwaltung notwendig sind.
Der Standesamtsbezirk soll bei der Verwaltung bleiben.
Eingemeindungsfeier
Am 10. Januar 1975 fand die Eingemeindungsfeier in der Turn- und Festhalle statt. Bürgermeister Siegfried Drissner begrüßte die Festgäste. Gekommen waren die Landtagsabgeordneten Prof Dr. Gerhard Noller und Erich Barthold, der Regierungspräsident Dr. Mauser und Landrat Müller. Von der Stadt Reutlingen waren Oberbürgermeister Dr. Manfred Oechsle, die Bürgermeister Karl Guhl und Karl Kaiser anwesend sowie Stadträte und Bezirksbürgermeister der übrigen Teilgemeinden. Unter den Anwesenden war auch Bezirksnotar Schnaid aus Neuhausen, der seit fast 20 Jahren für Mittelstadt zuständig war. Die Vertreter der Kirchengemeinden waren Pfarrer Fischer von der evangelischen Kirche, Pastor Geisler von der evangelisch-methodistischen Gemeinde und Pfarrer Lutz von der katholischen Kirche. Rektor Müller von der Schule und Bürgermeister a. D. Steinmaier waren gekommen.
In seiner Ansprache berichtete Drissner über den Weg zur Eingemeindung. Er brachte zum Ausdruck, dass er selbst sich nicht für große Zusammenschlüsse erwärmen konnte. Das zeigte er deutlich, indem er die Vorzüge kleiner Verwaltungseinheiten aufzählte. Dennoch hielten es beide Partner nach langen Verhandlungen für vernünftig, eine Eingemeindung anzustreben. Wichtig war ihm, dass im Eingemeindungsvertrag zugesagt wurde, dass viele bürgernahe Dienste im Bezirksamt bleiben konnten. Der Stadt bestätigte er eine faire Haltung bei den Eingemeindungsverhandlungen. Zum Abschluss seiner Rede überreichte er dem Oberbürgermeister ein in Kupfer gehauenes Gemeindewappen.
Dr. Oechsle begrüßte die Gemeinde Mittelstadt als eine der 12 Perlen, die die Stadt umgeben, mit einem herzlichen Willkommen. Er wisse, dass viele Mittelstädter mit gemischten Gefühlen der Verbindung entgegensehen und versprach, eine zeitgemäße Verwaltung zu schaffen. Nachdem es notwendig geworden war, die örtliche gewachsene Basis zu verlassen, soll jetzt eine gemeinsame größere Basis geschaffen werden. Mittelstadt soll durchaus das Eigenleben erhalten und fördern. Er brachte seine Wertschätzung für Mittelstadt zum Ausdruck und sagte zu, dass die Stadt zu ihren Versprechungen stehen werde. Er meinte, Reutlingen habe Erfahrungen mit Eingliederungen und bat bei Pannen um Nachsicht. Er bat die Mittelstädter, der Stadt Vertrauen entgegenzubringen und mitzugestalten an der Zukunft einer gemeinsamen Stadt. Bei den Grußworten des Regierungspräsidenten Dr. Mauser war zu erfahren, dass nach der Gemeindereform im Regierungsbezirk die Zahl der Gemeinden von 536 auf 258 geschrumpft ist. Landrat Müller verabschiedete sich von der selbstständigen Gemeinde Mittelstadt. Auch er bekam als Abschiedsgeschenk ein Gemeindewappen überreicht. Umrahmt wurde diese Feier durch Beiträge von Musikverein und Liederkranz.
Bautätigkeit seit der Eingemeindung
Nahezu alle Zusagen aus dem Eingemeindungsvertrag wurden realisiert. Die Sammelkläranlage wurde am 30. I l. 1976 in Betrieb genommen. Die offizielle Übergabe war mit Tagen der offenen Tür am Il. und 12. Juni 1977. Im Jahr 1979 war Baubeginn bei den Sportanlagen „im Auchtert". Für 1,2 Millionen Mark wurde der versprochene Platz hergestellt. Um den Platz wurde ein wichtiger Hochwasser-Schutzwall gebaut. Das Rathaus konnte nicht abgerissen werden. Der Gemeinderat hat zwar 1977 den Abriss beschlossen. Danach wurde aber festgestellt, dass das Gebäude unter Denkmalschutz steht. Seine Geschichte geht weit zurück ins 17. Jh. So wurde also der Beschluss revidiert. Im Jahr 1980 wurde mit dem dann notwendigen Umbau begonnen. Das Erdgeschoss wurde für die Büroräume der Verwaltung ausgebaut. Im Obergeschoss entstand ein Sitzungssaal mit Foyer. Die Decke nach oben wurde dort herausgenommen, so dass die Holzkonstruktion des Daches zum Vorschein kam. Sie wurde restauriert. In schöner Atmosphäre können hier nun die Sitzungen des Gemeinderats stattfinden. Dies sind auch großzügige Räumlichkeiten für Eheschließungen. Am 27. Februar 1981 konnte das Gebäude eingeweiht werden. Die Erschließung des Baugebiets Bergsteig / Hochbuch wurde 1978/79 abgeschlossen. Die dortigen Gehwege und Fußgängerverbindungen waren bis 1982 angelegt. Auf die versprochene Teilumgehung Buchbachstraße wurde mit Beschluss von 1998 verzichtet. Im Jahr 2015 wurde ihr Ausbau als Wohnstraße beschlossen. Nachdem in den kommenden Jahren eine weitere Bebauung entlang der Klingäckerstraße geplant ist, soll dieser Ausbau verwirklicht werden.
Bereits vor der Eingemeindung war im Jahr 1972 die neue Neckarbrücke gebaut und die Ortsdurchfahrt bis zum Rathaus fertiggestellt worden. Der Gießbrunnen und die Grünanlage an dieser Straße wurden wie zugesagt durch die Stadt angelegt. Im Jahr 1975 wurde die Ortsdurchfahrt in Richtung Riederich weitergebaut. Im Zusammenhang damit wurde auch die Metzinger Straße ausgebaut. Gleichzeitig wurden die Kanalnetze in diesen Straßen neu angelegt. Später wurde die Kreuzung Riedericher / Metzinger Straße durch einen Kreisverkehr entschärft.
Im Laufe der Jahre waren für die Entwicklung der Gemeinde weitere städtische Bauvorhaben notwendig geworden. Nach oft langen Verhandlungen wurden viele Wünsche erfüllt, so auch der Bau einer Sporthalle bei der Schule. Die Schüler hatten einen weiten Weg zum Sportunterricht in der alten Turn- und Festhalle in der Wieslenstraße. Das Gelände war vorhanden. Ein Neubau am gewünschten Platz war also möglich. In längeren Verhandlungen ging es noch um die Größe der Halle. Nachdem man sich einig wurde, konnte im Jahr 2001 gebaut werden. Die alte Halle ist weiter in Betrieb für Angebote der VHS und einiger Vereine. Dort finden auch regelmäßig Vereinsfeste statt. Im Jahr 1992/93 wurde das Baugebiet Strengel erschlossen. Darauf folgte im Jahr 2009/10 das Gebiet Hölläcker. Durch die Vergrößerung der Wohngebiete und des Industriegebiets, durch immer mehr versiegelte Fläche konnten die alten Kanäle das Abwasseraufkommen nicht mehr aufnehmen. Immer häufiger hatten die Häuser entlang des Bachtales bei starkem Regen Wasser in den Kellern. Öfter waren Einsätze der Feuerwehr notwendig. Ein großes Regenüberlaufbecken musste gebaut werden. Dies fand im Jahr 2002 seinen Platz bei der Turn- und Festhalle an der Wieslenbachstraße.
Über 30 Jahre nach der Eingemeindung war im Bereich der Neckartenzlinger Straße zwischen Heerstraße und Lodenbergstraße die Sanierung des Abwasserkanals und der Bau eines weiteren Regenüberlaufbeckens notwendig geworden. Anfang 2007 konnten die Arbeiten zu diesem Großprojekt beginnen. Neben den Kanalarbeiten wurden die Straße und der Platz um das Rathaus neu gestaltet. Die Buswendeschleife, die seither um das Rathaus ging, wurde in den Bereich der Neckarbrücke verlegt. Um das Rathaus wurde ein verkehrsberuhigter Platz mit Brunnen gestaltet. Dort können nun allerlei Veranstaltungen im Jahresablauf stattfinden. Während der gesamten Bauzeit von rund zweieinhalb Jahren war die Ortsdurchfahrt vom Neckar bis zum Rathaus voll gesperrt. Als sie wieder freigegeben wurde, waren 5,7 Millionen Euro für Straße und Dorfplatz und weitere 2,1 Millionen für das Regenüberlaufbecken und die Erneuerung des Kanals verbaut. In einem zweiten Abschnitt wurde der Abwasserkanal zwischen Neckartenzlinger- und Riedericher Straße weiter ausgebaut.
Es gab im Ort auch private Sanierungen. An einigen Ecken wurden alte Gebäude abgerissen und durch neue Mehrfamilienhäuser ersetzt. So kamen immer wieder kleinere Veränderungen im Ortsbild zustande. Als im Jahr 2015 zahlreiche Asylbewerber in Reutlingen unterzubringen waren, wurde in Mittelstadt am Ortsrand beim Hochbuchwasen ein Wohnheim für Flüchtlinge gebaut. Hier finden derzeit bis zu 100 Menschen aus vielerlei Nationen Unterkunft.
Kindergärten
Durch die rasche Bebauung der neuen Wohngebiete stieg die Einwohnerzahl ständig. Viele junge Familien zogen zu, und so war auch der Bau von neuen Kindergärtenplätzen notwendig geworden. Bei der Eingemeindung gab es im Untergeschoss der Turnhalle den Kindergarten am Wieslenbach mit großzügigem Spielplatz. Nach einer langen Phase mit drei Gruppen wurde dieser Kindergarten umstrukturiert. Heute versteht er sich als offenes Haus mit vielen kreativen Möglichkeiten in verschiedenen Werkstätten. Die Kinder sind in vier altershomogene Gruppen eingeteilt und werden von jeweils zwei pädagogischen Fachkräften betreut. Es ist Platz für 50 Kinder in der Regelbetreuung. Für eine verlängerte Öffnungszeit gibt es 22 weitere Plätze. In unmittelbarer Nähe zur Grundschule wurde im Jahr 1994 der Kindergarten Mönchstraße gebaut. Dies ist ein Haus mit einer Regelbetreuung von 30 Stunden in der Woche. Platz hat es für 50 Kinder von 3 Jahren bis zum Schuleintritt. Es gibt auch integrative Plätze für Kinder mit Behinderung.
Durch den Wandel in der Bevölkerung stieg die Nachfrage nach Betreuungsplätzen Kir Kleinkinder. Dieses Angebot gab es vonseiten der Stadt zunächst nicht und war damals in absehbarer Zeit auch nicht geplant. Interessierte Eltern gründeten im Jahr 2006 den Verein Kinderreich e.V. Die Stadt stellt im Schulhaus Räume zur Betreuung der Kinder ab einem Jahr bis zu drei Jahren zur Verfügung. Es gibt eine Gruppe für 10 Kinder an drei Tagen in der Woche und eine Gruppe für 5 Kinder an zwei Tagen.
Durch weiteren Zuzug von vielen jungen Familien in den Neubaugebieten wurden Kindergartenplätze zur Mangelware. Nach langer Planung wurde am 14.05.2013 in der Grafenberger Straße mit dem Bau eines neuen Kinderhauses begonnen. Es konnte am 04.06.2014 eingeweiht werden. In einem großzügigen Gebäude wurden 20 Ganztagesplätze für Kinder zwischen drei Jahren und Schuleintritt realisiert. Außerdem können 10 Kinder zwischen einem und drei Jahren betreut werden.
Alle diese Kinderbetreuungsplätze sind belegt. so wird es wohl in naher Zukunft nicht ausbleiben, über eine weitere Kindertagesstätte nachzudenken, zumal durch veränderte Lebensweise der Familien der Bedarf steigt und die bestehenden Einrichtungen keine Erweiterung zulassen.
Schule
Bei der Eingemeindung gab es in der Mittelstädter Schule acht Klassen, die in acht Unterrichtsräumen unterrichtet wurden. Die Hauptschüler aus Reicheneck kamen nach Mittelstadt. Mit der Erweiterung der Volksschule auf neun Klassen reichten die Räume nicht mehr aus. Eine Lösung musste gefunden werden. Es kam schon vor der Eingemeindung zum Austausch mit der Riedericher Schule. Die Klassen fünf und sechs gingen in Mittelstadt zum Unterricht, die Klassen sieben bis neun in Riederich. Die Mittelstädter Grundschüler können bis heute zum Schwimmunterricht ins Riedericher Lehrschwimmbecken.
Seit der Fertigstellung des Bildungszentrums Nord In Rommelsbach können Hauptschüler, Realschüler und Gymnasiasten aus Mittelstadt dorthin zur Schule gehen. Es gibt eine Schulbuslinie. Eine weitere Busverbindung gibt es zur Realschule nach Pliezhausen, deren Besuch von manchen Schülern bevorzugt wird. Mittelstädter Schüler haben außerdem die Möglichkeit, andere weiterführende Schulen in Reutlingen oder in Metzingen zu besuchen. In den Grundschulklassen waren in dieser Zeit pro Jahrgang 30 - 40 Schüler zu unterrichten. Durch die Auslagerung der oberen Klassen konnten diese dann zweizügig geführt werden, ohne dass eine bauliche Veränderung der Schule notwendig wurde. Seit 2001 gibt es durch den Förderverein Miki das Angebot der Kernzeit- und Hausaufgabenbetreuung. Dieser Verein belebt den Schultag mit allerlei Angeboten für den Freizeitbereich. Auch für ein Mittagessen in der Mittagsbetreuung wird gesorgt. Für die nahe Zukunft ist der Bau einer Mensa geplant. Damit kann die Mittelstädter Schule zu einer Ganztags- schule ausgebaut werden.
Friedhof Mittelstadt
Der Wunsch der Mittelstädter, eine größere Aussegnungshalle zu bekommen, war verständlich, gab es bis dahin doch nur ein kleines Gebäude mit zwei Aufbahrungsräumen. Trauerfeiern fanden davor im Freien statt. Ein Förderverein wurde gegründet, der sich für die Realisierung einsetzte.
Im Jahr 1986/87 wurde der Wunsch erfüllt. Dem Reutlinger Architekten Wolfgang Riehle wurde die Planung übertragen. Unter seiner Leitung entstand eine lichtdurchflutete Halle, geprägt durch ein hohes Zeltdach mit Lichtöffnung in der Mitte. Mit blauen Bändern durchzogene Fensterflächen vermitteln Klarheit und Geborgenheit. Eine große Schiebetür ist durch das Werk des Glaskünstlers Lothar Schall gestaltet. Es zeigt eine stilisierte Rose in Blautönen. An den Kosten für diese Tür beteiligte sich der Förderverein. Der spendete außerdem die Orgel für die Halle. 160 Sitzplätze bieten viel Platz. Es gibt drei Aufbahrungsräume. Im Jahr 1988 erhielt die neue Halle den Holzbaupreis.
Die alte Aussegnungshalle blieb erhalten. Ihr überdachter Vorplatz ist mit den Namenstafeln der Gefallenen aus dem zweiten Weltkrieg ein Ehrenmal, bei dem jedes Jahr auch die Gefallenengedenkfeier der Gemeinde stattfindet. Beim Haupteingang befindet sich das Denkmal für die Gefallenen aus dem ersten Weltkrieg. Sein Platz war ursprünglich auf dem Rathausvorplatz. Als es dort wegen einer Umgestaltung weichen musste, versenkte man es im Neckar. Es geriet in Vergessenheit. Vier Jahrzehnte später wurde es bei Niedrigwasser wiederentdeckt. Nach seiner Bergung aus dem Fluss wurde es mit Hilfe von Spendengeldern restauriert und fand 2004 auf dem Friedhof eine würdige Bleibe.
Nachdem die Mittelstädter Kirche im Jahr 1998 neue Glocken bekommen hatte, wurde eine der alten Glocken mit der Inschrift „Er ist unser Friede" bei der Aussegnungshalle aufgestellt. Ebenfalls im Jahr 1998 wurde die Friedhofsanlage erweitert. Heute hat sie eine Größe von 13.499 m2. Es gibt Felder für Erd- und für Urnenbestattungen sowie seit 2009 für Wiesengräber.
Spielplätze
Der bei der Eingemeindung versprochene und gebaute kleine Spielplatz beim Gießbrunnen musste leider dem später hier gebauten Regenrückhaltebecken wieder weichen. Der Brunnen wurde neugestaltet. Ein kleiner Spielplatz wurde bei der Kreuzung der Straßen Grüne Au / Wieslenstraße angelegt. Im Laufe der Zeit wurde dieser Platz immer mehr von Jugendlichen besucht, die dort ihre feucht-fröhlichen Treffen abhielten. Deshalb wurde er geschlossen. Es ist geplant, ihn wieder zu aktivieren. Einen großen Bolzplatz gibt es an der Wildbader Straße, Der Bolzplatz beim Friedhof kann auch als erweiterter Pausenhof für die Grundschule genutzt werden. Während Beerdigungen wird er allerdings als Parkplatz benutzt. In jüngster Zeit entstand dort ein Fahrradübungsplatz. Entlang eines Fußwegs, der die Straßen im Wohngebiet Strengel verbindet, ist ein Spielweg entstanden. Dieser wurde zuletzt durch weitere Spielmöglichkeiten aufgewertet.
Diese drei Plätze boten nicht gerade üppige Spielmöglichkeiten. Es gab lange Diskussionen mit den Verantwortlichen der Stadt um den Bau eines weiteren Spielplatzes. Ein großer freier Platz war auf dem Regenrückhaltebecken bei der Turnhalle vorhanden. Schließlich bildete sich unter der Federführung einer Gemeinderätin eine engagierte Elterngruppe, die bereit war, beim Bau mitzuhelfen. Die Stadt stellte die Materialien, ein Mittelstädter Gartenbetrieb half mit Geräten und dem Knowhow. Ein ortsansässiges Baugeschäft war zur Mithilfe bereit. Die Eltern packten beim Bau kräftig mit an. So entstand im Jahr 2011 der Mittelstädter „Star-Spielplatz".
Gewerbegebiete und ihre Entwicklung
Die Geschichte zeigt, dass Mittelstadt von jeher landwirtschaftlich strukturiert war. Erst mit dem allgemeinen Aufschwung des Wirtschaftslebens hat auch das gewerbliche und industrielle Leben in den meisten Branchen profitiert. In der Nachkriegszeit erfolgten einige neue Betriebsgründungen, die wesentlich zur Belebung des gewerblichen Bereiches beigetragen haben. Damit konnten am Ort selbst gute und sichere Arbeitsplätze geschaffen werden. Nicht für alle gab es Arbeitsplätze. Viele Mittelstädter pendelten nach Metzingen Oder Reutlingen. In der selbstständigen Gemeinde entstand schon ab dem Jahr 1956 im Gebiet Lachenhau ein zunächst kleines Industriegebiet. Der erste Betrieb war die Firma Ernst Beck, die sich auf den Druck von Vorhang- und Dekorationsstoffen spezialisiert hatte. Die Firma errichtete auf ihrem Gelände auch eine kleine Wohnsiedlung mit 21 Einheiten, um ihren Mitarbeitern Wohnraum zu bieten. Bereits im Jahr 1965 konnte der Betrieb vergrößert werden. Mit der Firma Beck kamen portugiesische Gastarbeiter in den Ort. Diese haben sich über Kirche und Vereine gut im Ort integriert. Leider musste die Firma nach dem Tod des letzten Besitzers ihre Tore schließen. Das Gebäude wurde verkauft.
Weitere Firmen konnten gewonnen werden, sich in Mittelstadt anzusiedeln. Diese sahen hier auch die Möglichkeit, in der Landgemeinde ein Arbeitskraft-Reservoir zu erschließen. So wurde im Herbst 1962 der Neubau der Firma Ernst Wagner Apparatebau aus Reutlingen in Betrieb genommen. Immer wieder wurden Erweiterungsgebäude hinzugefügt, bis schließlich am ersten Standort keine Ausbreitungsmöglichkeit mehr vorhanden war. Im Jahr 1963 verlagerte die Bäckerei Keim ihre Produktionsstätte von Metzingen nach Mittelstadt. Hier entstand durch laufende Erweiterungen die heutige Großbäckerei mit Filialen in weitem Umkreis. Die fünfte und bis jetzt letzte große Ausbaustufe wurde 2016 beendet, Aus dem Ort heraus konnte die Firma KB Knecht ihre Produktionsstätte verlegen. Sie wurde im Laufe der Zeit deutlich vergrößert bis sie später in das Industriegebiet Ost umsiedelte.
Wie von der Stadt versprochen, wurde im Jahr 1980 der weitere Ausbau des Industriegebiets realisiert. Damit konnte eine Fläche von etwa 17 ha bebaut werden. Bereits bestehende Betriebe vergrößerten sich, weitere Firmen siedelten sich an. Eine Firma konnte einen größeren Neubau realisieren und ihre zu eng gewordenen Räume im Ortskern verlassen. Handwerksbetriebe aus dem Ort lagerten ihre Werkstätten hierher aus. Bestehende Bauunternehmen und ein Stuckateur siedelten sich mit ihren Hallen und Lagerplätzen an, ebenso im Laufe der Zeit zwei Landschaftsgärtner. Größere Produktionsgebäude wurden von Firmen erstellt, die sich hier neu ansiedelten. Viele Arbeitsplatze entstanden.
Durch Übernahmen und Schließungen gab es immer wieder Wechsel in den Betriebsarten. Es gab auch längerfristige Leerstände. Und doch war eine Erweiterung des Gewerbegebiets nötig geworden. so entstand in den Jahren 1989 - 90 zwischen dem Schießwieslenweg und dem Fröhlefelderweg das Gewerbegebiet Ost mit einer Fläche von 10 ha.
Der Hauptgrund dieser Ausweitung war ein von der Firma Wagner gewünschter Platz für einen größeren Erweiterungsbau. Die Mittelstädter wollten die dafür vorgesehene fruchtbare Feldflur ungern opfern. Es gab längere Diskussionen. Man befürchtete jedoch, dass die Firma Wagner als guter Arbeitergeber ganz aus dem Ort abziehen könnte und stimmte deshalb der Erweiterung zu. Die Firma Ernst Wagner Apparatebau hatte sich schon in den 80er und 90er Jahren zu einem Innovationsführer auf dem Markt für Lagertechnikfahrzeuge entwickelt. Aus ihr ging im Jahr 2006 die KION Group hervor, die diese Produkte zur Hochtechnologie weiterentwickelte, Im Zusammenhang mit der Erweiterung des Industriegebiets gelang im Jahr 2002 auch die Aussiedlung des Omnibusbetriebs Kocher-Lutz aus der engen Ortsmitte. Durch die Vergrößerung im Linien- und Reiseverkehr war der Platz in und um die alten Garagen mitten im Ort zu eng geworden.
Die Erweiterungswünsche der Firma KB Knecht konnten durch Umsiedlung in das neue Gebiet ebenfalls erfüllt werden. In der weiteren Entwicklung ging dieser Betrieb in die Firma Garant Productions GmbH über, die in einer neuen Anlage ihre Produktivität in der Herstellung von Betriebseinrichtungen deutlich steigern konnte. Verschiedene Firmen von auswärts siedelten sich an. Die Fläche war rasch bebaut. Im Ort gibt es jetzt etwa 1100 Arbeitsplätze. Heute sind Firmen aus Mittelstadt eingebunden in europäische und weltweite Gesellschaften. Von ihnen gehen hochentwickelte Erzeugnisse in die ganze Welt.
Gesellschaftliches Leben in Mittelstadt
Ein gutes Miteinander gibt es in Mittelstadt durch allerlei Veranstaltungen Im Jahreslauf. Dies ist vor allem den Vereinen sowie auch den Kirchengemeinden, Kindergärten und der Schule zu verdanken. Bereits im Jahr nach der Eingemeindung veranstalteten die Mittelstädter erstmals ein Dorfstraßenfest unter der Regie des Bezirksamtes und eines gemeinsamen Ausschusses der örtlichen Vereine und Institutionen. Der Erfolg war so überwältigend, dass seither im zweijährigen Rhythmus Bürgerfeste stattfinden. Der Gewinn kommt einem Hilfsfond zugute, der gegründet wurde zugunsten Mittelstädter Bürger, die unverschuldet in Not geraten sind.
Nahezu alle Vereine und Institutionen sowie Kirchen und Freiwillige Feuerwehr beteiligen sich mit Arbeitseinsätzen am Gelingen der Feste. Eingegliedert in den zwei-jährigen Rhythmus sind auch spezielle Vereinsfeste auf dem Festplatz am Neckar wie z. B. Jubiläen. Die Ortsfeste sind auf die Jahre terminiert, in denen in Reutlingen kein Stadtfest stattfindet. Der damals gegründete gemeinsame Ausschuss trifft sich immer noch regelmäßig.
Es gibt jedes Jahr einen örtlichen Veranstaltungsplan. Über viele Jahre führte der Fußballclub ein Vereinsturnier durch. Ein Betriebs- und Vereins-Pokalturnier veranstaltet der Schützenverein, zu dem alle örtlichen Betriebe und Vereine eingeladen sind. Beim Rathaus stellt der Schwäbische Albverein den Maibaum. um den dann zum ersten Mai ein Fest stattfindet. Ein Ständchen gibt es dazu immer vom Musikverein, der zuvor schon den ganzen Morgen mit schön geschmückten Wagen durch den Ort gefahren ist, um die Einwohner mit seinem Spiel zum ersten Mai zu erfreuen. Fine Sonnwendfeier wird vom SAV beim Wasenhäusle organisiert. Seit vielen Jahren schon findet im Sommer die zur Tradition gewordene Hockete des Musikvereins auf den Wiesen bei der blauen Radwegbrücke statt.
Einmal im Jahr veranstaltet das Bezirksamt Mittelstadt zusammen mit Reicheneck und den Kirchengemeinden einen großen Altennachmittag in der Festhalle. Das Programm dazu gestalten abwechslungsweise die Vereine. Mit vielfältigem Angebot an Speisen, Getränken und handwerklich hergestellten Dingen tragen die Vereine zum Gelingen des jährlichen Weihnachtsmarkts um das Rathaus bei. In der Vorweihnachtszeit finden in der Festhalle Jahresfeiern der Vereine statt.
Wiederkehrende Veranstaltungen der evangelischen Kirche sind das Kirchplatzfest sowie das beliebte Maultaschenessen in der Festhalle. Die katholische Kirche lädt die Mittelstädter Kinder zum Martinsumzug ein.
Es gab im Ort keine überlieferten Trachten. Auch in den Niederschriften des Stadtarchivs war nichts zu finden als die Volkstanzgruppe des Schwäbischen Albvereins gegründet wurde. Mit Hilfe der Trachtenexpertin Helga Palmer aus Dettingen wurde nach der alten Tracht aus der Gegend geforscht. So wurden die Volkstänzer mit erneuerten Neckartäler Trachten eingekleidet. Die selbst genähten Frauentrachten fanden auch bei den Frauen des Musikvereins Gefallen. Sie sind in den Farben rot, blau oder schwarz gehalten und haben ein geschnürtes Mieder. Die Männertracht besteht aus schwarzer Hose, roter Weste und blauer oder schwarzer Jacke.
Zu diesem Miteinander gehören die nachfolgenden Vereine:
FC Mittelstadt e.V.
Im Jahr 1926 wurde der Verein zunächst als Fußballverein gegründet. In den letzten Jahrzehnten kamen immer wie der neue Abteilungen dazu. In der Abteilung Fußball gibt es sämtliche Jugendmannschaften von den Bambinis bis zu den A-Junioren. Es gibt zwei aktive Herrenmannschaften, eine Senioren- und eine Damenmannschaft. An den Tischtennisplatten spielen mehrere Herrenmannschaften, eine Damenmannschaft sowie Jungen- und Mädchenmannschaften. Auch die Abteilung Turnen bietet etliche Sportmöglichkeiten für kleine und große Sportbegeisterte. Beim Sportplatz steht das vereinseigene Sportheim mit Gaststätte.
Förderverein Seniorenzentrum Mittelstadt e.V.
Der Verein wurde am 23. Januar 2003 von 25 sozial engagierten Mittelstädter Bürgerinnen und Bürgern gegründet. Er sollte die Realisierung des Bauvorhabens für ein Seniorenzentrum in Mittelstadt vorantreiben. In der Satzung wurde neben der finanziellen Unterstützung des Bauvorhabens das Augenmerk vor allem auch auf die spätere persönliche Unterstützung durch ehrenamtliche Helfer zum Wohle der Bewohner Wert gelegt. Diese bieten den Heimbewohnern seit der Fertigstellung im Jahr 2007 vielerlei Abwechslungen. Besondere Wünsche des Hauses können gelegentlich aus der Vereinskasse erfüllt werden.
KinderReich e.V.
Er besteht seit 2006 als ein gemeinnütziger, von Eltern getragener Verein, der Kleinkindern bis zu drei Jahren die Möglichkeit bietet, Kontakt zu gleichaltrigen Kindern aufzunehmen. Die „Wuslis" werden liebevoll von Fachkräften angeleitet und betreut. Der Verein ist Mitglied im Arbeitskreis der Reutlinger Kleinkindgruppen. Das „Reich" der Kinder ist in Räumen des Schulhauses untergebracht.
Kleintierzuchtverein Mittelstadt e.V.
Der Verein wurde im Jahre 1932 gegründet. Sinn und Zweck der Kleintierzucht besteht darin, die Rassen- und Artenvielfalt zu schützen, zu erhalten und weiterzuentwickeln. 1983 wurde am Rand des Industriegebiets eine Kleintierzuchtanlage fertig gestellt, welche von mehreren Züchtern belegt wird, Heute hat der Verein 17 aktive Züchter. Er betreibt auch Jugendarbeit. Im Vereinsheim bei der Zuchtanlage gibt es eine Gaststätte.
MIKI Förderverein der Grundschule Mittelstadt
Seit 2001 besteht der Förderverein der Grundschule Mittelstadt, der es sich zum Programm gemacht hat, durch seine Aktivitäten die Möglichkeiten und Angebote der Schule zu erweitern. Der Verein ist verantwortlich für die Kernzeitbetreuung an der Grandschule, für ein Mittagessenangebot, die Hausaufgabenbetreuung und die Betreuung am Nachmittag. Außerdem werden AGs organisiert.
Mittelstädter Seniorenclub (MSC)
Den Club gibt es seit 1975. Ehrenamtliche haben sich zusammengefunden, um monatlich für Mittelstädter Senioren ein Treffen in der Festhalle zu ermöglichen. Bei Kaffee und Kuchen gibt es dort mit Singen unter Musikantenbegleitung und allerlei Unterhaltung einen gemütlichen Nachmittag, bei dem sich meist 50 - 60 Senioren treffen. Schule, Kindergärten und auch Gruppen aus den verschiedenen Vereinen sind immer wieder bereit, für die Senioren ein interessantes Programm zu gestalten.
Musikverein „Schwäbische Blaskapelle"
Gegründet wurde der Verein 1911. Unterhaltungs- und konzertante Musik sowie traditionelle Blasmusik sind im Repertoire der Stammkapelle zu finden. Der Verein kümmert sich mit vielerlei Aktivitäten um die Zukunft der Blasmusik. Kinder und Jugendliche werden an Instrumenten ausgebildet. In einer Jugendkapelle geht es dann einen Schritt weiter. In Zusammenarbeit mit der Grundschule Mittelstadt und der Musikschule Metzingen wurde eine Bläserklasse ins Leben gerufen. Eine andere Idee, die vom Verein angestoßen wurde, ist die Kooperation der Musikschule Reutlingen, der Kindergärten und des Seniorenheims zum Projekt U7 Ü70. Zielsetzung des Projektes ist die Zusammenführung beider Generationen zur Freude aller. Seit 2000 gab es eine Seniorenkapelle, in der aktive Musiker zusammenspielten, die die Stammkapelle verlassen hatten. Diese Kapelle musste leider im Jahr 2020 aufgelöst werden. Ihr Spielen war bei vielen Veranstaltungen in der Gemeinde gefragt.
Narrenzunft Brühlbärbel
Die Narrenzunft Brühlbärbel wurde 2002 durch 45 Gründungsmitglieder ins Leben gerufen. Der Verein wuchs in Kürze auf 140 Mitglieder an. Die Hästräger sind regelmäßig auf der schwäbisch-alemannischen Fasnet in der näheren und weiteren Umgebung unterwegs, Hallenfasnetsfeiern und Kinderfasching werden organisiert. Die Figur der Brühlbärbel entstammt einer alten Mittelstädter Sage. Sie verkörpert einen guten Geist, der sich in der Gegend Zwischen Mittelstadt und Bempflingen zeigte. Das Häs ist in weiß, schwarz und grau gehalten. Hinzu kommt eine Maske (Larve) aus Lindenholz mit Pferdeschweifen als langes, wildes Deckhaar in den unterschiedlichsten Farben.
Freie Narrenzunft Riedwaldwölfe
Seit 2016 gibt es die Riedwald Wölfe als zweite Narrenzunft im Ort. Die Zunft besteht aus den Figuren Wölfe, Waldwaible und Knecht, die mit unterschiedlichen Masken laufen. Diese stammen aus einer sagenhaften Geschichte, die sich im früheren Riedwald südlich von Mittelstadt zugetragen haben soll. 25 Mitglieder gehören derzeit zur Zunft.
Neckarschnucken e.V.
Seit zehn Jahren gibt es den Verein, dessen Mitglieder bis zu 40 graugehörnte Heidschnucken betreuen. Mit Hilfe dieser Schafe werden städtische und private Streuobstwiesen in und um Mittelstadt gepflegt. 10 ha werden beweidet oder auch zur Heuernte benötigt. Verbindet man die Ortsverbundenheit Mittelstadts mit der Nähe zum Neckar, so wird im Logo des Vereins aus der Heidschnucke die Neckarschnucke. Zu den Heidschnucken haben sich seit einigen Jahren 14 Ziegen und zwei Esel gesellt. Ziegen beugen einer Verbuschung vor und sind auch an unzugänglichen Lagen zuverlässige Helfer. So zählt auch der steile Kirchbuckel zum Einsatzgebiet. Auf Spaziergängen um Mittelstadt trifft man gerne auf die Herden des Vereins. Interessant ist es, bei der Schafschur zuzusehen. Seit vielen Jahren gibt es in der Grundschule eine Projektwoche mit dem Thema „vom Schaf zum Pullover". Im Jahr 2018 konnte bei der Gemeinschaftsschuppenanlage der Gemeinde ein neuer Stall errichtet werden, der für den Winter benötigt wird. Der Verein arbeitet eng zusammen mit weiteren Vereinen gleicher Zielsetzung, mit dem Plenum und den Behörden.
Obst- und Gartenbauverein
Der Verein wurde 1949 gegründet. Er hat sich zum Ziel gesetzt, die allgemeine Gartenkultur und den Liebhaberobstbau zu fördern und dem Verschwinden der landschaftsprägenden Streuobstwiesen entgegenzusteuern. Er bietet jedes Jahr verschiedene Schnittkurse auch für die Bevölkerung an.
Schützenverein e.V.
1962 wurde der Schützenverein von sieben Gründungsmitgliedern nach der Zeit des Verbots in der Nachkriegszeit wieder ins Leben gerufen. Das alte Schützenhaus aus der Vorkriegszeit wurde wieder aufgebaut und in Betrieb genommen. Heute umfasst der Verein 130 Mitglieder, die an verschiedenen Schießständen ihrem Sport nachgehen können.
Schwäbischer Albverein
Im Jahr 1912 wurde die Ortsgruppe Mittelstadt des Schwäbischen Albvereins als Wanderverein gegründet. In den letzten Jahrzehnten wurden viele weitere Gruppen ins Leben gerufen. Die „Singenden Wanderer", die Seniorenwanderer, Seniorenradfahrer und Biker treffen sich ebenso regelmäßig wie Kindervolkstänzer, Nordic Walker und Patchwork-Freundinnen.
Sozialverband VdK Ortsverband Mittelstadt
Der Sozialverband VdK ist ein bundesweit tätiger gemeinnütziger Verband. Er ist parteipolitisch und konfessionell neutral sowie finanziell unabhängig. Schwerpunkte des VdK sind sozialpolitische Interessenvertretung und Sozialrechtsberatung, Einen Ortsverband gibt es auch in Mittelstadt.
Tennisverein e.V.
Der Verein wurde 1978 gegründet und ist dem Württembergischen Tennisbund im Bezirk D zugeteilt. Mit 4 Sandplätzen, einem Vereinsheim und einem neuen Kinderspielplatz, steht das familiäre und freundschaftliche Vereinsleben im Fokus. Neben den Verbandspielen beteiligt sich der Verein auch jedes Jahr am Nordraum-Cup der Tennisvereine aus den Reutlinger Nordraumgemein- den, der von diesen abwechselnd ausgerichtet wird.
Ökumene
Schon seit langer Zeit gibt es eine konstruktive ökumenische Zusammenarbeit der Kirchengemeinden in Mittelstadt. Regelmäßig finden ökumenische Gottesdienste statt. Darüber hinaus gibt es im Januar eine gemeinsame Bibelwoche und im Herbst werden gemeinsame Kindertage angeboten. Es gibt Vortragsabende zu gesellschaftsrelevanten Themen.
Evangelische Kirchengemeinde
Mit derzeit etwa 1800 Mitgliedern ist die Evangelische Kirchengemeinde die größte und auch älteste Glaubensgemeinschaft im Ort. Ihre Heimat ist die Martinskirche, die im Jahr 1912 an der Stelle der zu klein gewordenen alten Kirche über dem Neckar gebaut wurde. Geplant wurde sie im Jugendstil vom renommierten Stuttgarter Architekten Professor Martin Elsässer, der 1910 auch die Reichenecker Kirche gebaut hat. Das Angebot der Kirchengemeinde ist vielfältig. Gruppentreffs für alte und junge Gemeindeglieder finden regelmäßig statt. Die Kirchenmusik wird In Kinder-. Jugend- und Kirchenchor gepflegt. Diese Gruppen haben ihr Zuhause im benachbarten Gemeindehaus.
Katholische Kirchengemeinde
In Mittelstadt gab es vor dem 2. Weltkrieg fast keine Katholiken. In den Jahren danach kamen viele katholische Heimatvertriebene und Flüchtlinge aus dem Osten nach Mittelstadt, so dass eine katholische Seelsorge notwendig wurde. Durch die Erschließung neuer Baugebiete und weiterer Zuzüge stieg die Zahl der Katholiken an. In den Jahren 1974 bis 1976 entstand das Gemeindezentrum St. Gebhard mit einem Kirchenraum und einem Gemeindesaal. Im Untergeschoss gibt es einen Jugendraum und eine Kegelbahn, in der sich auch kirchenferne Gruppen einmieten können. Die Kirchengemeinde gehört seit den letzten kirchenpolitischen Veränderungen zur Seelsorgeeinheit Reutlingen-Nord.
Im Gemeindesaal der Kirche kann sich seit Anfang 2019 ein Freundeskreis treffen, der Kontakt zu den Flüchtlingen aus dem Asylheim pflegt, um diese bei der Ankunft in Deutschland zu unterstützen.
Evangelisch-methodistische Gemeinde
In der Eben-Ezer-Kapelle trifft sich die evangelisch-methodistische Gemeinde, die zum Bezirk Pliezhausen der EMK gehört. Gottesdienste werden gemeinsam gestaltet: Chorgesang, Musikbegleitung, Lesungen, Gebete und Informationen verteilen sich auf viele Schultern. Viele Gemeindekreise treffen sich während der Woche: Kinder- , Jugend-, Senioren- und Frauengruppen, Chöre und Bibelkreise. Alle diese sind immer Offen für die gesamte Bevölkerung.
Veränderung des Alltags seit der Eingemeindung
Zur Zeit der Eingemeindung konnten sich die Mittelstädter noch gut im Ort mit den Dingen des täglichen Lebens versorgen. Es gab zwei Bäckereien, zwei Metzgereien, ein Lebensmittelgeschäft und eine Drogerie. Diese Möglichkeiten haben sich geändert. Die Metzgereien und eine Bäckerei wurden geschlossen, übriggeblieben ist für den Kauf von Lebensmitteln ein kleiner Supermarkt, eine Bäckerei mit Café und ein Bäckerladen mit Café bei der Großbäckerei im Industriegebiet. Für Wurst und Fleisch gibt es seit Neuem den Automaten einer Metzgerei aus Metzingen. Mittelstadt ist zur Wohngemeinde geworden, deren Bewohner ihre Einkäufe gerne auswärts erledigen. Die Einkaufszentren und Discounter in der Nachbarschaft können bequem angefahren werden. Dort gibt es genügend Parkplätze.
Große Erwartungen hatte man nach der Eingemeindung in ein geplantes neues Geschäftszentrum gesetzt. Dafür erfolgte im Jahr 1984 im Zuge der Ortskernsanierung die Baugenehmigung. Drei alte Gebäude an der Kreuzung Heerstraße/Neckartenzlinger Straße mussten weichen. Dort erstellte die GWG ein Wohn- und Geschäftshaus. Eingekauft hat sich die Metzgerei Schneider, die ihre Filiale vom alten Standort im Stern hierher verlegte. Im Erdgeschoss mietete sich ein Supermarkt ein. Wohl wegen Mangel an Parkplätzen wurde der Lebensmittelmarkt wenig frequentiert. Er wurde bereits nach eineinhalb Jahren wieder geschlossen. Stattdessen zog ein großer Drogeriefachmarkt ein. Nachdem dieser im Jahr 2009 wieder geschlossen wurde, standen die Räume längere Zeit leer. Nach langen Bemühungen von Seiten der Verwaltung gibt es darin seit 2018 wieder einen kleinen Lebensmittelmarkt, Dieser ist dringend notwendig für die Versorgung der Bevölkerung, die auf Einkaufsmöglichkeiten im Ort angewiesen sind.
Neben diesem Geschäftshaus baute die Volksbank Bad Urach (damals noch Raiffeisenbank Mittelstadt) ein neues Bankgebäude. Gegenüber wurde das Gebäude der Kreissparkasse Reutlingen Zweigstelle Mittelstadt erstellt. In den letzten Jahren schränkten beide Banken ihre Öffnungszeiten deutlich ein. Es ist zu hoffen, dass sie nicht dem allgemeinen Bankensterben zum Opfer fallen. Außer den oben schon genannten Einkaufsmöglichkeiten im Ort bietet ein eingesessenes Fachgeschäft seine Dienste an für modernes Entertainment, für Haushaltgeräte und den Service dafür. Seit langem gibt es einen Raumausstatter. Es gibt Elektriker und Malerbetriebe im Ort. Mehrere Friseurgeschäfte bieten ihre Dienste an. Ein kleiner Laden bietet Holzspielwaren an. Diese werden auch online verkauft. Es gibt eine Apotheke und ein Schreibwarengeschäft mit Poststelle. Da es kein richtiges Ortszentrum gibt, sind die Laufwege zwischen den Geschäften lang. Die Parkmöglichkeiten sind sehr beschränkt.
Lange spekuliert wurde über die Verwendung des Geländes, auf dem das Gasthaus Lamm stand. Dieses war nach der Schließung der Wirtschaft ebenso wie ein Nachbargebäude von der Stadt gekauft worden. Gerne hätte man gesehen, dass hier ein Supermarkt entsteht. Im Gespräch war ebenso, dass eine Arztpraxis und eine Apotheke dort eingerichtet werden sollen. Auch die Einrichtung eines Kinderhauses wurden in Erwägung gezogen. Nach zähen Verhandlungen mit möglichen Bauträgern wurde zunächst das zum Schandfleck gewordene alte Gebäude abgerissen. Der jetzige Bauherr konnte noch zwei umliegende Häuser dazukaufen. Nach deren Abriss entsteht seit dem Jahr 2019 ein großes Wohngebäude. Eine gewerbliche Verwendung ist nicht vorgesehen. Alle Träume von einer besseren Einkaufsmöglichkeit sind geplatzt. Ob das riesige Gebäude ins Ortsbild passt ist Ansichtssache.
Gesundheitliche Versorgung
Eine Arztpraxis gibt es in Mittelstadt seit langer Zeit. Aus dieser wurde durch Zusammenschluss mit einer Praxis in Pliezhausen eine sogenannte überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft von Fachärzten für Allgemeinmedizin, die Neckartalpraxis. Manche Mittelstädter haben ihre Hausärzte auch in den umliegenden Gemeinden. Es gibt im Ort eine Zahnarztpraxis, eine Praxis für Physiotherapie, eine Praxis für Osteopathie und eine Massagepraxis. In der ortsansässigen Apotheke kann man sich mit Medikamenten eindecken.
Im Jahr 2007 wurde an der Stelle des früheren Fabrikgebäudes der Firma Bayer ein Seniorenzentrum gebaut. Träger ist die Bruderhaus Diakonie. Es ist ein Pflegeheim mit 23 Langzeitpflegeplätzen, zwölf Plätzen für Menschen mit Demenz sowie einem Kurzzeitpflegeplatz. Im Ort gibt es keine Möglichkeit für betreutes Wohnen. Die Frage danach taucht immer wieder auf. Überlegungen dahingehend werden auch von Bezirksbürgermeister und Gemeinderat unterstützt. Viele Bürger würden eine entsprechende Wohnanlage begrüßen, wäre es doch eine Möglichkeit, den Lebensabend am Ort zu verbringen.
Nah- und Fernverkehr
Mittelstadt ist mit der Linie 6 schon seit 1974 an das Stadtverkehrsnetz angebunden. Nach dem neuen Konzept der RSV kann man jetzt bis zum Markwasen, in den Abendstunden und sonntags bis zum Leonhardsplatz fahren. In den Hauptzeiten verkehren die Busse im 20-Minutentakt, sonst alle halbe Stunde. Eingebunden in das Stadtverkehrsnetz sind die Busse der ortsansässigen Firma Kocher-Lutz. Seit der Einführung des neuen Stadtbusnetzes Im Jahr 2019 gibt es die Linie 93, einen Kleinbus, der stündlich über Reicheneck, Rommelsbach, Sickenhausen bis zum Bahnhof Kirchentellinsfurt Fährt. Von Donnerstag bis Sonntag verkehrt der Nachtbus n8 über Rommelsbach und Pliezhausen nach Mittelstadt. Die Buslinie 203 verbindet Mittelstadt über Riederich mit Metzingen. Diese Verbindung ist wichtig für Pendler zu den dortigen Arbeitsstätten und Schulen. Ein Wunsch der Gemeinde ist die Verlängerung dieser Linie mit einer 30-Minuten-Taktung bis Pliezhausen. Damit wäre ein schneller Anschluss an den Expresso gegeben, der zum Flughafen fährt.
Durch diese Anbindung an die öffentlichen Verkehrsmittel Sind von Mittelstadt aus Arbeitsstellen und Kulturangebote in Reutlingen, Tübingen und Stuttgart auch ohne PKW gut zu erreichen. Über die umliegenden Bundesstraßen, die den Ort tangieren, sind schnell Ziele in der näheren und weiteren Umgebung erreicht. Dies hat aber auch den Nachteil, dass der Verkehr durch Mittelstadt nicht gerade gering ist. Unzählige Lastwagen donnern täglich durch den Ort. Hohes Verkehrsaufkommen und eine starke Lärmbelästigung haben vor kurzem dazu geführt, dass durch den Ort ein Tempo 30 Limit eingeführt wurde.
Begegnungsstätten im Ort
Viele Einkehrmöglichkeilen gab es in früherer Zeit in bis zu 11 Wirtschaften. Bei der Eingemeindung waren es noch fünf Gasthäuser, ein Hotel und zwei bewirtete Vereinsheime. Die Vereinsheime blieben mit wechselnden Pächtern. Nach Schließungen von drei Wirtschaften gibt es heute noch das Gasthaus Stern und das Hotel-Restaurant Klostermühle. Die Plätze für Stammtischrunden sind weniger geworden. Aus allen Nähten platzt an manchen Mittagen das Café der Bäckerei Bayer. Im gegenüberliegenden Neubau ist deshalb ein größeres Café geplant. Die Halle der früheren Weberei Elmer & Zweifel im Neckartal ist heute umgebaL1t für die Ausstellung von Oldtimern und klassischen Motorrädern. Diese Umgebung bietet auch den Rahmen für Feste und Feiern, Ausstellungen, Tagungen und Seminaren.
Es gibt in Mittelstadt Zweigstellen der Stadtbibliothek und der Volkshochschule, Mit all diesen Angeboten für den Alltag können sich die Mittelstädter in ihrem Ort wohlfühlen. Man kann sich mit Gegebenheiten arrangieren. Viele Zuzüge von außen sprechen für den Ort als Wohngemeinde.
Es fehlen Räume für einen Jugendtreff. Die VHS ist ständig auf der Suche nach Räumen für ihre gut besuchten Veranstaltungen. Hier könnte eine Begegnungsstätte in Form eines Dorfgemeinschaftshauses Abhilfe schaffen. Eine solche Begegnungsstätte steht ganz Oben auf der Wunschliste der Gemeinde an die Stadt. Da seither die meisten Wünsche erfüllt wurden, ist zu hoffen, dass in naher Zukunft auch dieser erfüllt wird.