Die unheimliche Pliezburg
Alte Mittelstädter wollen in ihrer Kinderzeit noch aufrechtstehendes Gemäuer vom Keller der ehemaligen Pliezburg gesehen haben. Ein finsteres Tor mit einem anschließenden dunklen, halbverfallenen Gang soll in den Keller hineingeführt haben, in dem der Schatz der früheren Burgherrn in einer schweren Kiste verwahrt gelegen haben soll. Keiner von den Mittelstädtern und Pliezhäusern hat sich dem Hörensagen nach jedoch je in den Keller hineingewagt. Vielleicht war es die Angst vor dem Pudelhund, der auf der Goldkiste gesessen haben soll, um sie zu bewachen. Der Sage nach hätte man den Pudel mit einem lächerlichen Haselnußstecken verjagen können, um in den Besitz des Goldschatzes zu gelangen. Vielleicht hat das auch einmal einer getan, denn bei der Sprengung dieses erwähnten Kellergewölbes im Jahre 1957 hat man trotz eifriger Suche weder Reste des Pudelhundes noch der geheimnisvollen Goldkiste entdecken können.
Gespukt hat es im Schelmenwald, das ist die Gegend, in der sich die Pliezburg befand, natürlich auch in jeder Nacht. Mittelstädter, die des Nachts von Pliezhausen nach Mittelstadt laufen mußten, taten dies nur mit großem Grausen.
Einmal nachts, gegen 12 Uhr, war noch ein Pliezhäuser Bauer, mit seinem Fuhrwerk von Mittelstadt kommend, auf dem Weg nach 1 lause. Und, hols der Kuckuck, plötzlich war, wie erwartet, ein Surren in der Luft; die Pferde blieben wie angewurzelt stehen und wollten keinen Schritt mehr weitergehen. Nach langer Zeit, als sich die Pliezburggeister wieder in ihr verfallenes Gemäuer zurückgezogen hatten und die Luft wieder ohne Surren war, bequemten die Gäule sich, endlich ihren Weg fortzusetzen.
Um die Jahrhundertwende wurde das Dorf selbst auch von argem Spuk heimgesucht. Aber der war nicht echt, wie sich erst später herausgestellt hat. Volontäre vom Hofgut Hammetweil hatten, als Gespenster verkleidet, mit den abergläubischen Mittelstädtern derbe Späße getrieben. Im Übrigen spukte es früher auf den Mittelstädter Feldern natürlich überall und zu allen Zeiten. Denn nach dem Volksglauben mußte nämlich derjenige, der einen Markstein versetzt hatte, auf ewig nach dem Tode auf der Markung geistern.
Quelle: Mittelstadt in Vergangenheit und Gegenwart mit Beiträgen von Fritz Flach, Dr. Artur Röhm, Gudrun Schrägle und Konrad Steinmaier